Toespraak EP voorzitter Schulz bij herdenking Eerste Wereldoorlog (DE)

Met dank overgenomen van Voorzitter Europees Parlement (EP-voorzitter) i, gepubliceerd op woensdag 19 maart 2014.

2014 ist die Menschheitskatastrophe des Ersten Weltkrieges allgegenwärtig. Berichte von Gewalt und Grauen. Bilder vom Töten und Sterben. Uns verstören diese Geschichten, diese Bilder. Die Bestialität dieses mörderischen Konflikts. Die Sinnlosigkeit dieses Massensterbens. Kriege wie die von 1914-1918 oder 1939-1945 gehören heute nicht mehr zu unserer Wirklichkeit, nicht zur Erfahrung meiner Generation. Es sind Geschichten aus einer anderen Zeit.

Und doch gibt es bedrückende Ähnlichkeiten zwischen unserer Welt des Jahres 2014 und der Welt des Jahres 1914. Ähnlichkeiten, die uns erschüttern. Wir fragen uns, ob wir heute wirklich andere Menschen sind. Wir fragen uns, ob die Dämonen des Ultranationalismus und des Hasses wirklich für immer gebannt sind. Wir fragen uns, ob wir sicher sein können, dass Europa sich wirklich nie wieder in einem selbstmörderischen Krieg zerfleischen wird. Uns erschreckt die Ahnung, dass es kein "unvermeidlicher" Krieg war, ein Krieg, der früher oder später, aus dem einen oder dem anderen Anlass hat stattfinden müssen. Uns verunsichert die Vermutung, dass es sich, ohne die Verantwortung der Akteure zu relativieren, um eine Verkettung von Zufällen gehandelt haben könnte, die zu einer gesamteuropäischen Krise und durch das Versagen der Eliten in die Katastrophe führte. Gerade angesichts der Entwicklungen in der Ukraine muss dieser Gedanke beunruhigend. Mit dem heutigen Referendum auf der Krim droht eine Spaltung der Ukraine und damit eine von außen erwirkte Verschiebung völkerrechtlich anerkannter Grenzen in Europa. Erleben wir nicht gerade, wie dieser vermeintliche Regionalkonflikt dazu führt, dass Russland auf der Krim Panzer und Truppen aufbietet, die NATO alarmiert ist, die USA militärisches Material nach Europa verlegen und europäische Außenminister von Krisentreffen zu Krisentreffen eilen? Sind wir heute wirklich andere Menschen als 1914?

Im ersten industriellen Krieg von 1914 zeigt die Moderne ihr hässliches Gesicht. Fortschritte in der Waffentechnik lassen die Gewalt explodieren. Ungeheure Zerstörungskraft ist entfesselt. Der Erste Weltkrieg, ein Maschinenkrieg. Mit Gasgranaten und Flammenwerfern. Maschinengewehren und U-Booten. Storov-Mörsern und Krupp-Kanonen. Eine gigantische industrielle Tötungsmaschine. "Selbst der Mensch wurde als Material gewertet" schreibt Ernst Jünger in sein Tagebuch. Der Erste Weltkrieg, ein Mobilisierungskrieg. 65 Millionen Soldaten unter Waffen. Fast jeder sechste stirbt. 6000 Männer pro Tag. Und mit jedem Toten steigt die Überzeugung, jetzt müsse man erst recht gewinnen, um die erlittenen Verluste zu rechtfertigen. Der Erste Weltkrieg, ein Stellungskrieg. Von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze, fast 2000 km, liegen Millionen Soldaten - Trommelfeuer und Feuerwalze ausgesetzt - in einem Netz von Schützengräben. Der Feind nur wenige hundert, manchmal gar nur wenige Meter entfernt. Der Frontverlauf ist von Herbst 1914 bis Frühjahr 1917 fast statisch. "Im Westen nichts Neues" - für diese lapidare Meldung, für unbedeutende Geländegewinne, für ein paar Quadratmeter Land werden Millionen junger Männer, glaubend an Treue, Ritterlichkeit und Ehre auf dem Schlachtfeld, in die kalte Militärtechnik des 20. Jahrhunderts gehetzt, und verrecken elendig im industriellen Massentöten an der Somme, in der Abnutzungsschlacht an der Marne, in der Todesmühle von Verdun. Zurück bleibt ein traumatisierter Kontinent. Eine Generation, "die vom Krieg zerstört wurde - auch wenn sie seinen Granaten entkam", wie Erich Maria Remarque schreibt. Zehn Millionen tote Soldaten. Sieben Millionen tote Zivilisten. Eine Million Kriegswaise alleine in Frankreich. Zurück bleibt ein zerstörter Kontinent. Das Zarenreich, die Habsburgermonarchie und das Osmanische Reich gehen unter. Im Osten dauert der Krieg fort, im russischen Bürgerkrieg, im polnisch-russischen, im griechisch-türkischen Kriege. Die Front im Westen bleibt eine vom Krieg vernarbte Landschaft. Zerschossene Häuserruinen. Von Körperteilen und Munitionsreste durchsetzte Äcker. Ein Massengrab.

Der Ausgang des Ersten Weltkriegs bestimmt die Zeitläufe - bis heute. 1918 Versailles. Mit der Botschaft an Deutschland: Auf die Knie, an den Pranger, ihr seid schuld. Demütigung. Revanche. Den Feind ein für alle Mal niederzuringen, dass sollte Europa den Frieden bringen. Es folgten die Weimarer Republik, der Faschismus, der Zweite Weltkrieg mit 55 Millionen Toten und 6 Millionen ermordeten Juden. Die USA steigen zur Weltmacht auf. Im Nahen Osten werden willkürliche Grenzen gezogen. Der Balkan ist auch hundert Jahre später noch ein Krisenherd. Heute fragen wir uns: Waren die Menschen 1914 wirklich anders als wir es heute sind? War die Welt 1914 wirklich eine so ganz andere als es unsere heutige ist? Auch 1914 lebten die Menschen in einer sich rasant verändernden Welt. Einer Welt mit neuen Transportmitteln - das Auto. Einer Welt mit neuen Medien - das Kino. Einer Welt mir neuer Kommunikationstechnik - das Telefon. Die Vorkriegszeit, das war die Zeit der Moderne, der Avantgarde, eine kulturelle Hochzeit. In Paris begründen Pablo Picasso und George Braque den Kubismus. Marcel Proust vollendet "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit". In Wien komponiert Arnold Schönberg und Sigmund Freud legt die High Society auf die Couch. In München beginnt Thomas Mann seine Arbeit am Zauberberg. In Berlin malt Ernst Ludwig Kirchner seine ikonischen Straßenbilder. Noch nie ging es Deutschland so gut. Eine Wissenschaft von Weltruhm. Firmen wie AEG, Bayer, Opel, Mercedes machen "Made in Germany" zum Qualitätssiegel. Die Wirtschaft boomt. Immer mehr Menschen erhalten medizinische Versorgung. Die Sterberate sinkt drastisch. Die Infrastruktur wird verbessert. Immer mehr Menschen können sich ein bisschen Luxus leisten. In Berlin geht es ins Café, ins Theater, ins Kino. Am Wochenende an den Wannsee, in den Zoo oder zum Fahrradfahren in den Park. Wie Carl Zuckmayer schreibt: "Man fühlte sich gesichert in einer Welt des Fortschritts, der Humanität (...) Man sah kein Wetterleuchten". Im Gegenteil, viele Zeitgenossen halten einen Krieg nicht nur für unwahrscheinlich - sondern für völlig unmöglich. Gerade wegen der wirtschaftlichen Verflechtungen. John M. Keynes kommt zu dem Schluss, dass vor dem Ersten Weltkrieg die Internationalisierung des wirtschaftlichen Lebens praktisch abgeschlossen ist. Es soll bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts dauern, bis derselbe Grad der Globalisierung wieder erreicht ist wie vor dem Ersten Weltkrieg. Florian Illies zitiert in seinem großartigen Buch "1913" den Weltbestseller von Norman Angell, The Great Illusion von 1909 folgendermaßen: dass: „das Zeitalter der Globalisierung Weltkriege unmöglich mache, da alle Länder längst wirtschaftlich zu eng miteinander verknüpft seien. (…) neben den wirtschaftlichen Netzwerken (machen) auch die internationalen Verbindungen in der Kommunikation und vor allem in der Finanzwelt einen Krieg sinnlos (…).“ Die These, dass wirtschaftliche Verflechtungen der beste Schutz gegen Krieg seien, ist bis heute beliebt. Auch wenn es die EU nicht gebe, sei ein Krieg völlig ausgeschlossen, so heißt es. Enge Verbindungen, wechselseitige Abhängigkeiten mögen einen Krieg weniger wahrscheinlich machen - aber sie machen nicht immun gegen Krieg! Die deutsche Wirtschaft würde Kaiser Wilhelm in die Armee fallen, so denkt man in der Vorkriegszeit. Und geht dann doch wie Christopher Clarke schreibt "schlafwandlerisch" in die erste Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Nach einem tödlichen Terrorattentat auf den Wiener Thronfolger Franz Ferdinand wankt Europa in eine gesamteuropäische Krise.

Über die Frage nach der Verantwortung hinaus, fragen wir uns heute vor allem: warum? Warum konnte aus einer lokalen Krise ein solch selbstmörderischer Großmächte-Konflikt entstehen? Warum versuchte niemand die Eskalation zu verhindern? Warum suchte niemand nach einer Verhandlungslösung? Alle Akteure strebten nur nach der Maximierung ihrer nationalen Eigeninteressen. Unterstellten dem jeweils anderen maximale Aggressivität und Kriegstreiberei, sich selbst nur berechtigte Verteidigung in einem vom Gegner aufgezwungen Konflikt. Stürzten sich in einen Krieg ohne klare Ziele, ohne klaren Gegner. Ja, es gab damals, wie Professor Herfried Münkler in seinem Buch "Der große Krieg" zeigt, in Deutschland sehr unterschiedliche Meinungen, wer eigentlich der Hauptgegner sei: Russland als "Hort der Reaktion"? England als "Ort des geistlosen Materialismus"? Frankreich als Erbfeind? Auch die Kriegsziele waren zunächst nicht eindeutig bestimmt. Prestigedenken dominierte, die diffuse Angst, den Weltmachtstatus zu verlieren, im Großmächte-Ranking abzusteigen. Ein Präventivkrieg schien die bessere Option, einen unvermeidlichen Krieg sofort zu führen "Je eher desto besser" wie Generalstabschef Moltke erklärte. Nach einem "reinigenden Gewitter", einem Blitzkrieg, so dachten viele, sähe die Welt wieder besser aus.

Wie leicht wäre es, sich damit zu trösten, das seien Geschichten aus einer anderen Zeit, aus einer anderen Welt. Aber mit Unbehagen erkennen wir Parallelitäten zu heute: So schreibt Christopher Clarke: "Seit dem Ende des Kalten Krieges ist an die Stelle des Systems globaler, bipolarer Stabilität ein weit komplexeres und unberechenbares Gefüge von Kräften getreten, einschließlich einiger Reiche im Niedergang und aufsteigender Mächte - ein Zustand, der zum Vergleich mit der Situation in Europa anno 1914 geradezu einlädt." Der Aufstieg neuer Mächte und der Abstieg alter Mächte, Krisenherde in der Ukraine, Nordafrika, im Nahen Osten, im südchinesischen Meer, das ist die geopolitische Realität im Jahr 2014. Auch Parallelitäten mit der Eurokrise sind erkennbar. Eine hochkomplexe und komplizierte Krise, in der die Akteure um einen potentiell katastrophalen Ausgang wissen - aber dennoch das Gemeinwohl hintenanstellen, das Eigeninteresse zu maximieren suchen und sogar die Möglichkeit der Katastrophe zum eigenen Vorteil aus nutzten. Ein hochgefährliches Spiel mit dem Feuer!

Mit großer Sorge beobachte ich, wie sich in Europa wieder eine Renationalisierung ausbreitet. Die Krise droht uns Europäer auseinander zutreiben, anstatt uns enger aneinander zu binden. Längst überwunden geglaubte Vorurteile über andere Völker oder gar Feindbilder sind wieder auf dem Vormarsch. Deutsche Politiker werden in griechischen Zeitungen in Nazi-Uniform abgebildet. Deutsche Politiker sprechen aber auch besserwisserisch über andere Völker. Von "faulen Griechen" ist da die Rede, denen man "mal wieder eine Lektion erteilen müsse". Es ist wieder möglich, Minderheiten auszugrenzen; gegen Rumänen und Bulgaren zu polemisieren, als seien sie EU-Bürger zweiter Klasse. Wir alle müssen einschreiten gegen die Rückkehr von Denkweisen, die immer nur Unglück über die Völker Europas gebracht haben!

Aber natürlich gibt es auch Unterschiede, große Unterschiede, zwischen dem Europa 2014 und dem Europa des Jahres 1914: Gewalt ist nicht mehr dem Diktum von Clausewitz' gemäß "als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" akzeptiert. Zumindest nicht innerhalb der EU-Staaten. Wir leben nicht länger in einer militarisierten Gesellschaft. Der Schwur des "Nie wieder Krieg" ist zum Kern unserer europäischen Identität geworden. Wie attraktiv diese Identität nach außen wirkt, hat man zuletzt auf dem Maidan gesehen, wo Menschen in ihrem Drang nach Freiheit, Demokratie und Wohlstand die Flagge der EU geschwenkt haben.

Nach innen haben wir ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts also die richtigen Schlussfolgerungen aus der schrecklichen ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gezogen. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir Europäer verstanden, dass der Frieden in Europa nur durch eine Einigung der Völker und die Schaffung transnationaler Institutionen zu wahren ist. Und das ist wohl der Hauptunterschied zwischen dem Europa des Jahres 1914 und dem Europa des Jahres 2014: Wir haben durch die europäische Integration neue Strukturen geschaffen. Es war eine vom ersten Weltkrieg tief geprägte - vernarbte- Generation - Charles de Gaulle, Robert Schumann, Paul-Henri Spaak, Alcide de Gaspari, Joseph Bech, Johan Willem Beyen - , die Europa ein Immunsystem gegen Krieg geschenkt hat. Und das besteht eben nicht in Machtgleichgewichten, Bündnissen, wirtschaftlichen Verflechtungen oder darin, den Feind zu erniedrigen und zu schwächen. Das Immunsystem - und das ist wirklich eine geniale Idee - besteht darin, dass wir uns gemeinsame Institutionen gegeben, in denen nach der Gemeinschaftsmethode verfahren wird. Die Gemeinschaftsmethode ist die Seele der Europäischen Union. Gemeinschaftsmethode heißt: Konflikte durch Dialog und Konsens lösen. Anstelle des Rechts des Stärkeren Solidarität und Demokratie setzen. Den Interessenausgleich zwischen allen suchen. Institutionalisierte Konsultation ist der beste Mechanismus um Misstrauen abzubauen und Missverständnisse auszuräumen. Das ist oft mühsam. Das ist manchmal nervig. Doch, in der Totenstille der Felder von Verdun wird einem klar, dass wir die qualvollen Marathonverhandlungen in Brüssel mit Freude auf uns nehmen sollten.

Natürlich ist das Jahr 1914 mit dem Jahr 2014 nur als Gedankenspiel zu vergleichen, keinesfalls aber gleich zu setzen. Analogien reichen nur so weit. Aktuelle Situationen durch die Brille vorhergegangener Ereignisse zu betrachten kann auch zu fatalen Fehlschlüssen führen. Denn: Geschichte wiederholt sich nicht. Dennoch können wir unsere Augen nicht davor verschließen, dass Europa auch jenseits der EU-Grenzen herausgefordert wird. Dass diejenigen, die eine enge Bindung an Europa suchen, von anderen davon abgehalten werden. Das stellt das europäische Projekt vor große und vor ganz neue Herausforderungen. Diese Herausforderung werden wir nur schultern können, wenn wir an unserem Europa festhalten und es nicht selbst fahrlässig und schlafwandlerisch zur Disposition stellen. Denn die europäische Integration ist nicht einfach nur da und bleibt für immer. Nichts ist für immer. Nichts ist alternativlos. Mit Sorge beobachte ich daher Auflösungserscheinungen. Nicht nur an den rechten und linken Rändern wird die Ablehnung der EU immer lauter Kund getan. Bis tief ins bürgerliche Lager hat sich ein Europaskeptizismus breit gemacht. Das ist gefährlich. Wer das angesichts der Ukraine-Krise nicht erkennt, der ist historisch blind und handelt politisch unverantwortlich.

Viele Länder werden dieses Jahr des Beginns des Ersten Weltkriegs gedenken. Jedes Volk hat je nach Verlauf und Ergebnis des Krieges dabei seine eigenen Gefühle: Sieg oder Niederlage, Untergang oder nationale Neugeburt, Befreiung oder Fremdherrschaft, neue Bündnisse, gewaltige Machtverschiebungen - der Erste Weltkrieg war eine Zäsur in der Geschichte vieler Völker, eine Zäsur in der Geschichte Europas. Und doch ist es heute, hundert Jahre später, an der Zeit, den Ersten Weltkrieg nicht nur als nationalgeschichtliches Ereignis zu sehen. Es ist an der Zeit, den Ersten Weltkrieg auch als kollektive Erfahrung von Gewalt und Tod, Zerstörung und Verwüstung zu begreifen. Denn dieser Krieg endete in schrecklichen Verlusten für alle Seiten. Selbst die Gewinner dieses Krieges waren in dieser Hinsicht Verlierer dieses Krieges. Frankreich hat, relativ gesehen die meisten Todesopfer zu beklagen; Großbritanniens weltpolitischer Abstieg wurde beschleunigt; Russland stürzte in einen Bürgerkrieg. Ich hoffe, dass die Gedenkfeierlichkeiten nicht instrumentalisiert werden, um Ressentiments zu wecken, dass nicht alte Narben aufgerissen werden. Ich wünsche mir, dass wir im Traumata der Selbstzerfleischung Europas das Gemeinsame und nicht das Trennende sehen. Für Alcide de Gaspari waren die Kriege Europas schon 1951 Bürgerkriege.

Gerade wir Deutsche müssen uns nach allem, was im Namen unserer Nation verbrochen wurde, unserer besonderen Verantwortung für Europa stellen. Verantwortung heißt dabei aber eben nicht vor allem militärische Verantwortung, sondern vielmehr das Kämpfen dafür, dass kein diplomatisches Bemühungen zu aufwendig und kein Weg zu weit ist, um einen Krieg zu verhindern. Krieg, der niemandem etwas nutzen wird.

Deutschland steht in dieser Verantwortung, weil es selbst von einem Europa profitierte, das uns nach dem Zweiten Weltkrieg die Hand zur Versöhnung reichte, es uns ermöglichte, eine eigene Demokratie aufzubauen, unsere Wirtschaftskraft wiederzuerlangen und erhobenen Hauptes in die internationale Gemeinschaft zurückzukehren. Heute findet sich Deutschland ungewollt in der Situation, erneut zur Schlüsselmacht in Europa geworden zu sein. Es muss uns deshalb bedenklich stimmen, wenn heute eine Mehrheit der Europäerinnen und Europäer besorgt sind über einen zu großen Einfluss Deutschlands in Europa. Thomas Manns Appell ist deshalb heute, ein Jahrhundert nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs, aktueller denn je: Wir wollen ein europäisches Deutschland und nie mehr ein deutsches Europa.